Rützow, Kreis Dramburg
Rützow liegt im nordwestlichen Teil des Kreises an der Kunststraße Dramburg – Sarranzig – Schivelbein am nördlichen Ufer des Rützower Sees und östlich vom Mandelkow See. Flächengröße betrug 1342,7 ha, 531 Einwohner lebten in 123 Haushaltungen, was einer Bevölkerungsdichte von 39,7 entspricht. Die nächste Bahnstation war im 12 km entfernten Dramburg.

Verwaltung und Kirche
Rützow gehörte zum evangelischen Kirchspiel Labenz, vorher Sitz eines eigenen Evangelischen Kirchspiels, deren letzter der Pastor Wilhelm ROHDE war.
Die Kirche, auf einer Anhöhe gelegen, besteht seit dem Mittelalter. Es ist ein kleiner rechteckiger Bau des 16. oder 17. Jahrhunderts, aus wenig bearbeiteten Findlingen errichtet, barock verändert. Der Dachreiter über der Westseite mit geschweifter Haube, in deren Wetterfahne die Jahreszahl 1785 eingebracht wurde.
Der Altartisch ist gemauert, darüber eine Kanzelbrüstung eines ländlichen Schnitzers.
Zum Inventar gehörte ein Kelch aus vergoldetem Silber, 20,5 cm hoch, der sechsteilige Fuß nebst Schaft spätgotisch vom Anfange des 16. Jahrhunderts, auf dem Fuße eine plastische Kreuzigungsgruppe, am Schafte sechs Rautenfelder, auf denen in Großbuchstaben Jhesus. Die Schale halbkugelförmig mi geschweiftem Rande, das kreuzförmige Signaeulum. Kelch und Patene tragen den Adlerstempel von 1809.
Vier Altarleuchter aus Messingguss, 34 cm hoch, geschenkt 1746, auf rundem Fuß gut gegliedert. Zwei Glocken: 1) 90 cm Durchmesser, spätgotisch, zwischen den zwei Riemen des Halses schwer lesbare Minuskelschrift, in kleinen nachlässig gesetzten, den Raum nicht füllenden Buchstaben. 2) 69 cm Durchmesser, 1542 gegossen, um den Hals in gut gezwichneten Minuskeln:
Help Got unde Maria
Jackob Ingermann anno domini MCCCCCXXXXII.
Darüber und darunter auf- und abwärts strebender Zierat von Blüten und astartigen Ranken. In den Ansichten in ähnlicher Umrahmung die Bilder der hl. Anna scbdritt und des Evangelisten Johannes. Vgl. Nuthagen.
(Quelle: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Schivelbein, S.11)

Die Gemeinde gehörte zum Amtsbezirk Labenz, der Bürgermeister der Gemeinde war Karl SCHULZ I.
Schulleiter der Dorfschule war bis 1939 Hans KUNOW.
Landwirtschaftliche Betriebe
An landwirtschaftlichen Betrieben waren, 30 von 0,5 ha bis unter 5 ha; 16 bis unter 10 ha; 28 bis unter 20 ha und 24 Betriebe bis unter 100 ha vorhanden.

Gewerbliche Betriebe
An gewerblichen Betrieben gab es die Mühle im Besitz von Reinhold SCHMIDT. Die Schmiede von G. DALLMANN und die Schmiede von O. JUST. Flurnamen nach den Aufzeichnungen von Pastor ROHDE waren:
Aschenweg, Blank Pfuhl, Bodenberg, Bruchberg, Bültbruch, Diek, Ebereschensoll, Egelpfuhl, Faulbach, Hägerbruch, Hasselberg, Hopfenberg, Hopfenbruch, Hufenberg, Galgenberg, Gießortsmösse, Karauschensoll, Kiebitzwiesen, Klemmösse, Kreuzmösse, Lange Mösse, Lillap, Mühlenfließ, Nesselbruch, Pastoreneichen, Rohrbruch, Schmiedefeld, Schulzenfeld, Sumpf, Vogelbauer, Wadel-Werder, Weihenberg, Ziegengrube und Trift.
Die höchste Erhebung war der Hufen Berg mit 158,4 m.

Geschichtlicher Abriss
Zur Wendenzeit wurde die Gegend um Rützow besiedelt, davon zeugen zwei Burgwälle in der Nachbarschaft. Wann der Ort entstand, ist unbekannt. Den Namen soll die Gemeinde von dem Geschlecht der RÜTZE erhalten haben. Vor 1300 wurde der Ort vermutlich mit deutschem Recht bewidmet. Die Hälfte des Ortes gehörte um diese Zeit den VON WEDEL, die andere den BREDERLO´S. Die Schreibweise des Namens änderte sich mehrmals. 1337 Rezsow und auch Retzow, 1364 Rozow.
1377 verkaufte VON WEDEL seinen Anteil dem Kaiser Karl IV., 1414 Ruczaw, 1417 Ratczaw, 1435 Ruezow, 1436 Rassaw und Ruspw. Im Jahre 1463 ist eine Mühle im Besitz des Landesherrn, 1550 heißt der Schulze Thomas EWERTH.
Laut Erbregister des Komturs von Schivelbein hatte Rützow 1579 einen Pfarrer, zwei Pfarrbauern, ein Lehnschulzen, siebzehn Bauern, fünf Kossäten und einen Müller.
1610 war Peter SCHULZ der Schulze im Dorf. 1657 wurde der Pastor BLANKENHAGEN von einem Polen mit dem Säbel in Stücke geschlagen, weil er die Kirchenbücher nicht herausgeben wollte. 1658 wurde ein neues Kirchenbuch angelegt. 1786 werden Frontdienste abgelöst, um 1800 gehen die Bauernhöfe in Erbpacht über. Nach Aufhebung der Leibeigenschaft gab es in Rützow 16 Bauern, 5 Halbbauern und 5 Kossäten, 1 Mühlenbesitzer (mit Wasser- und Windmühle), 1 Seebesitzer (188 Morgen Seefläche) und 1 „Pfarrcolonis“, der 60 Morgen Pfarracker bewirtschaftet.
Im Jahr 1911 wurde der Kriegerverein gegründet, noch vor 1930 wurde die neue Schule erbaut, die 1938 abgebrannt war.
Nach Auflösung des Schivelbeiner Kreises im Jahre 1932, gehörte Rützow zum Landkreis Dramburg. Am 3. März 1945 beschoss ein russsicher Panzer das Dorf, wobei das Kirchendach und ein Gehöft getroffen werden. Der Besitzer des Gehöftes wurde von einer Granate getötet. Am 5. März 1945 wurde das Dorf besetzt, die Bevölkerung in den Folgejahren vertrieben.
Heutiger Name: Rydzewo Drawsko Pommorskie
Quellen: Der Landkreis Dramburg, Seite 183; Dramburger Kreisblätter, eigene Aufzeichnungen