Falkenburgs Bürgermeister ab 1900

Der 1900 noch im Amt befindliche Bürgermeister hieß Carl Lentz. An ihn erinnerte die Carl-Lentz-Straße und der Lentzstein auf dem Raackowberge. Er war kein Mann der öffentlichen Rede, aber des stillen, erfolgreichen Wirkens und ein vortrefflicher Gesellschafter. Unter ihm erfolgte der innere Umbau des Rathauses, um Platz für das Amtsgericht zu schaffen; außer dem letzteren befanden sich in demselben die Kämmereikasse, das Stadtsekretariat und das Geschäftszimmer des Bürgermeisters.

Der Ratskeller Falkenburg Kreis Dramburg

Die Sparkasse lag damals in treuen Händen des Rendanten Richard Müller und benötigte nur eine Stube zur Abfertigung des geringen Verkehrs. Heute haben wir hier zwei, den Anforderungen der Neuzeit entsprechende Geldinstitute: die Stadtsparkasse und die Pommersche Bank. Während seiner Amtszeit erbaute die Landesversicherung das Genesungsheim „Canzigsee“, wunderschön inmitten des Waldes, am schönen Canzigsee gelegen.

Falkenburg Markt mit Rathaus und Stadtsparkasse
Genesungsheim Canzigsee bei Falkenburg

Auch die „Städtische Webeschule“, in der zuerst die „Fachschule für Textilindustrie“, später die „Haushaltungs- und Gewerbeschule“ und darauf die Mittelschule untergebracht waren, entstand zu seiner Zeit mit Hilfe von Staatsmitteln. 1895 wurde in Erinnerung an den Krieg 1870/71 das auf dem Marktplatz stehende Denkmal Kaiser Wilhelms I. eingeweiht.
St. Georgs-Hospital und Krankenhaus, Schlachthaus und Gasanstalt sind damals auch gebaut worden. Die Anlagen im Anger wurden geschaffen, und man begann mit den Anpfl anzungen auf dem Raackowberge. Der Volksschule wurden in jener Zeit „die gehobenen Klassen“ angegliedert. 1907 verstarb der im 1. Stock über der Apotheke wohnende Bürgermeister Carl Lentz in Falkenburg.

Da die Stadt noch keine Friedhofskapelle besaß, wurde er in der Kirche aufgebahrt. Der Trauerzug zum Friedhof war wohl der längste, den Falkenburg je gesehen hat. Zum neuen Bürgermeister wurde Karl Brandt aus Flatow gewählt. Er hat die Geschicke der Stadt seit dem 23. Mai 1908 mit Umsicht und Weitblick geleitet. Seine Amtstätigkeit fi el in Deutschlands schwerste Zeit: Weltkrieg, Revolution und Infl ation, und es war nicht immer leicht, den Anforderungen jener Tage gerecht zu werden. Er hatte ein warmes Herz für die Schulen, und es war ihm eine Freude, zu deren Entwicklung und ihrem Ausbau beitragen zu können. Unter ihm vollzog sich die Umwandlung der „gehobenen Klassen“ in eine selbständige Mittelschule.
Er wandte seine Fürsorge besonders der Vergrößerung der städtischen Waldungen zu. Es wurde der „Ebertkaten“ erworben zur Schaffung von Waldarbeiterwohnungen. Zur weiteren Aufforstung kaufte man 20 Morgen der sogenannten „Laseschonung“, sowie 70 Morgen der „Brandschonung“ und die „Kirchenberge“ an. Seiner Wirksamkeit verdanken wir die St. Gertraudkapelle auf dem evangelischen Friedhofe und das Altersheim in der Büddowstraße, sowie die Erweiterung des Rathauses mit der neuen Fassade und der Freitreppe, sowie die neue Fassade
des Schlachthauses.
Die Entstehung der Laubenkolonie an der Grünower Chaussee wollen wir hier ebenfalls erwähnen, sowie den jetzigen Sportplatz. Auch dem Raackowberge wandte er sein Interesse zu und suchte die Bestrebungen des Verschönerungsvereins zu fördern, soweit es ihm nur möglich war. Auf seine Anregungen hin wurde der „Grat“ zwischen den beiden Sandgruben angelegt und nach ihm „Brandtsteig“ benannt. 1928 folgte er einem ehrenvollen Ruf als Stadtoberhaupt seiner Vaterstadt Flatow.
An seine Stelle trat nach zweimonatiger Vakanz, während welcher der Beigeordnete Hotelbesitzer Gustav Müller die Amtsgeschäfte leitete, der letzte Inhaber der Stelle, Hermann von Lübken, und zwar drei Monate im Auftrage der Regierung kommissarisch und sodann nach der einstimmig erfolgten Wahl durch die Stadtverordneten endgültig. Eine schwere Aufgabe harrte des neuen Oberhauptes. Es galt vor allen Dingen, die schwierigen Finanzverhältnisse der Stadt zu regeln. Seiner Energie und seiner unermüdlichen, rastlosen Arbeit ist dies in verhältnismäßig kurzer Zeit gelungen. Er hat es erreicht, daß die meisten der kurzfristigen Anleihen in langfristige, amortisierbare umgewandelt worden sind, und daß durch größte Sparsamkeit auf allen Gebieten weitere Lasten verhütet werden konnten.

Nicht minder wichtig war die Arbeitsbeschaffung. Die Zahl der zur Untätigkeit gezwungenen wurde immer größer und größer. Damit ging einher Not und das Absinken weiterer Schichten in Hoffnungslosigkeit. Dieser Zustand konnte nur durch sogenannte Notstandsarbeiten der öffentlichen Hand bis zu einem gewissen Grade gemildert werden. Auf diesem Gebiete hat nun die Stadtverwaltung Außerordentliches geleistet. Bürgermeister von Lübken hat es auch verstanden, verhältnismäßig hohe Zuschüsse für die Stadt hereinzuholen, so daß es unter anderem möglich war, die schwer gefährdete Mittelschule zu erhalten. Und wenn vielleicht auch manche Maßnahme den Einzelnen hart traf, so war sie notwendig und galt einzig und allein dem Wohle des Ganzen.
Klare Finanzverhältnisse, trefflich geordnet, sparsamste Verwaltung, das ist das Bild der Stunde. Während seiner immerhin kurzen Amtsperiode ist noch vieles geschaffen worden, was hervorgehoben zu werden verdient.

Es sei nur erinnert an die herrlichen Promenaden um die Raackowseen und nach dem Grundeyplatz, an die Asphaltstraßen der Innenstadt, die neuen Straßenzüge des Canziger und des Teschendorfer Weges, sowie an die Instandsetzung der Lentzstraße. Dankbar werden sicherlich
auch die Bewohner der unteren Dragestraße für die Pflasterung der Straße und die Herstellung der Bürgersteige sein. Weiter erwähne ich die Schaffung des trefflichen Gehweges an der Ostseite der Vansowbrücke und die zweckmäßige Herstellung an der anderen Seite. Zu begrüßen ist die Neupflasterung der Lindenstraße und der Ersatz des holperigen Bürgersteiges durch eine Klinkergehbahn, gar nicht zu reden von der Neugestaltung der Gehwege in der ganz modern gepfl asterten Vansow-und unteren Lindenstraße.

Manch einstiger Falkenburger wird gewiß erstaunt sein, daß es möglich gewesen ist die in der Büddowstraße, mitten auf dem Bürgersteig stehende Pumpe, dieses häßliche Verkehrshindernis, in die Ecke zu rücken, wo sie nun niemand mehr belästigt. Dem Bürgermeister und dem damaligen Sparkassenvorstand, bestehend aus dem Apothekenbesitzer Engmannsen, dem Fabrikbesitzer Fritz Loll, dem Kaufmann Geiß und dem Schneidermeister Draheim, verdankt die Stadt auch den Bau der stattlichen, innen neuzeitlich eingerichteten Stadtsparkasse.
Den neuesten Anforderungen entsprechend war der großzügig und herrlich gelegene Sportplatz und der daneben liegende schöne Tennisplatz der Turner angelegt worden. Um die Schaffung dieser Anlagen hat sich auch der Vorsitzende des hiesigen „Turnvereins 1885“, Hilfsschullehrer Prochnow, sehr verdient gemacht.
Blicken wir zurück, so erkennen wir, daß gerade in den letzten Jahren bis Kriegsende viel, sehr viel für die Verschönerung und die Entwicklung unserer Stadt getan worden war, wofür man dem damaligen Bürgermeister von Lübken noch nachträglich Dank und Anerkennung nicht versagen darf.

Hermann Ziebell †
Quelle: Dramburger Kreisblatt Ausgabe 2016